In Memorian: Bezirk Schwaben stiftet Euthanasie-Mahnmal anlässlich des 100jährigen Jubiläums des BKH Günzburg


Anlässlich des 100jährigen Bestehens des Bezirkskrankenhauses Günzburg hat der Bezirk Schwaben ein Euthanasie-Mahnmal gestiftet, das auf dem Klinikgelände künftig an die Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungsideologie in Günzburg erinnert.

„Es ist wichtig, in der über 150jährigen Geschichte der schwäbischen Psychiatrie immer wieder auch an die Jahre zwischen 1933 und 1945 zu erinnern: Damit wir aus dieser Erinnerung lernen, damit sie uns eine Mahnung ist, dass das Geschehe sich nie wiederholen darf!“. Dies betonte Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert nun bei der Einweihung eines besonderen Gedenkortes: Anlässlich des 100jährigen Bestehens des Bezirkskrankenhauses Günzburg hat der Bezirk Schwaben ein Euthanasie-Mahnmal gestiftet, das auf dem Klinikgelände künftig an die Opfer der nationalsozialistischen Vernichtungsideologie in Günzburg erinnert.

Bei der Einweihung des Mahnmals feierten Vertreter von vier Religionen in der vollbesetzten Kirche gemeinsam Seite an Seite eine interreligiöse Andacht: der katholische Pfarrer Dr. Hermann Wohlgschaft, die evangelische Pfarrerin Ulrike Berlin, Emin Ülker, Vorbeter der Islamischen Gemeinde Ditib Günzburg, sowie Anton Ludwig, Mitglied der Israelitischen Kultusgemeinde Augsburg.

Mit dem Mahnmal – das „Haus im Rosengarten“ – haben die Verantwortlichen der Bezirkskliniken Schwaben und des BKH Günzburg ein neues Zeitalter eingeläutet. Ein Zeitalter des Erinnerns, Gedenkens und Mahnens im Sinne von „Nie wieder“ und „Wehret den Anfängen“.

Das Mahnmal ist ein offener Pavillon mit Glasdach, gestaltet in der ganz einfachen Form eines Hauses. Ein Haus, das den Hunderten von psychisch kranken und körperlich eingeschränkten Menschen während des Dritten Reiches in Günzburg keinen Schutz bot, der ihnen sogar verwehrt wurde. Im gläsernen Dach sind die Namen von 394 Patientinnen und Patienten der früheren Heil- und Pflegeanstalt festgehalten, die 1940 und 1941 in Tötungsanstalten deportiert und dort ermordet wurden. Mit der Nennung ihrer Namen würde man ihnen die Existenz und Würde wiedergeben, betonte von Professor Michael von Cranach, ehemaliger Ärztlicher Direktor des Bezirkskrankenhauses Kaufbeuren. Die Namen sind gegen den Himmel geschrieben – diese Gestaltung der Künstler Dr. Horst Hoheisel und Andreas Knitz hob Vorstandsvorsitzender Düll als äußerst gelungen heraus.

Wohl mehr als 500 weitere Patienten sind nach 1941 in der Klinik selbst ums Leben gebracht worden – durch Hungerkost, mangelnde Pflege oder medizinische Versuche. Angaben zu den Todesumständen der auf dem Glasdach namentlich genannten Patienten sowie weiterer, mit großer Wahrscheinlichkeit ermordeter Opfer der Nazi-Barbarei sind in einem Gedenkbuch festgehalten. Vorstandsvorsitzender Düll übergab bei der Gedenkfeier zwei von insgesamt vier Exemplaren an Professor Thomas Becker für das BKH Günzburg sowie Erich Resch für das Archiv des BKH Kaufbeuren. Die Bücher können dort auf Anfrage eingesehen werden.

Zum Mahnmal gehört auch der neu gestaltete Rosengarten. Diesen kannten die im Rahmen der Euthanasie ermordeten Patienten und haben in ihm Zeit verbracht. Bis in die 1970er-Jahre hat es den Garten an dieser Stelle gegeben. „Diese Erinnerung soll nicht nur in den Köpfen geschehen und kann auch nicht abgeschlossen sein, sondern sie muss dauerhaft gepflegt werden“, steht auf einer Informationstafel. Getauft wurde auch eine neue Alba-Rose anlässlich des Festaktes. Züchterin Andrea Braun berichtete den ca. 100 Gästen, dass die Gedenkrose „In Memoriam“ je nach Standort und Schnitt bis zu 1,50 Meter hoch werden kann und mehrmals im Jahr blüht. Die Pflanze dufte etwas herb und blühe cremefarben bis weiß, so Braun.

Die Einweihung fand auf den Tag genau 75 Jahre nach dem ersten Transport von Patienten aus Günzburg in eines der Vernichtungslager statt. „Am 5. Juli lässt sich für das BKH Günzburg konkret wie symbolisch sein schwärzestes Kapitel festmachen“, sagte Düll. An diesem Tag solle deshalb künftig jedes Jahr ein feierliches Gedenken stattfinden.

Bezirkstagspräsident Jürgen Reichert, zugleich Verwaltungsratsvorsitzender der Bezirkskliniken Schwaben, dankte Düll und dem Ärztlichen Direktor des BKH, Professor Becker, dass sie die Erinnerungskultur in die 100-Jahr-Feierlichkeiten einbezogen haben. Die Gedenkstätte solle allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bezirkskliniken Mahnung für ihre tägliche Arbeit sein, „wenn sie mit den Patienten auf Augenhöhe treten“, so Reichert. Gernot Römer, ehemaliger Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen, schilderte das Schicksal eines zehnjährigen jüdischen Buben, der von Ursberg aus in ein Vernichtungslager gebracht und ermordet wurde. „Nicht nur Erwachsene mussten sterben, sondern auch Kinder und Jugendliche“, sagte er. Makaber: Mit der Todesnachricht verschickten die Nazis 1941 auch die Rechnung für die Aufenthaltskosten des Jungen.

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