Über zwei Jahrzehnte der eigene Chef gewesen? Das Start-up hat nicht den gewünschten Erfolg gebracht? Es wird nicht mehr an den Erfolg des eigenen Unternehmens geglaubt? Nun muss eine neue Anstellung her? Das ist möglich, doch niemand möchte den potenziellen Arbeitgeber erschrecken, dass man vorher als Chef aktiv war. Wie ist es möglich, an die Bewerbung heranzugehen?
Nicht mehr der eigene Chef sein
Das „Aus“ für die Selbstständigkeit und der Weg zurück ins „normale Arbeitsleben“ kann vielerlei Gründe haben. Oft ist der Sprung zum „eigenen Chef“ einfach, doch mit dieser Entscheidung geht das Leben weiter auf einer Schiene, von der es schwer ist, wieder herunterzukommen. Wer den Weg ins Beschäftigungsverhältnis nehmen möchte – aus welchen Gründen auch immer – der muss mit zwei Vorurteilen kämpfen.
Der Verdacht kommt auf, dass der/die Bewerberin mit dem Unternehmen gescheitert ist und jetzt den sicheren Hafen einer Beschäftigung ansteuert. Oder die Personaler sehen die Gefahr, dass diese Bewerber*innen weniger teamfähig sind und sich schlechter in die bestehenden Hierarchien einfügen können.
Für Bewerber*innen, die aus einer Selbstständigkeit kommen, ist es daher wichtig, in die Offensive zu gehen. Sprich, sie müssen die Entscheidung, warum es zur Aufgabe kam, unangreifbar darlegen. In einem Bewerbungscoaching für (ehemalige) Selbstständige, die zurück ins Beschäftigungsverhältnis wollen, erlernen die Bewerber*innen, wie sie die möglichen Überlegungen der Personalentscheider entkräften, noch bevor diese sich festigen können.
Es gilt auf vieles zu achten
Die Flucht nach vorn und die Entkräftigung von möglichen Überlegungen der Personalentscheider, warum die Selbstständigkeit aufgegeben wurde, ist abhängig von der Branche und dem spezifischen Werdegang. Denn es ist normal, dass in einigen Berufen das Dasein als Freelancer vorgezogen wird. Bei einer Bewerbung auf eine Festanstellung müssen Webdesigner, Grafiker und andere Kreative weniger ausführlich argumentieren. Dies gilt eingeschränkter auch für Journalisten und diverse andere Berufe im Medienbereich.
Erfahrungsgemäß schwerer ist es für diejenigen, die aus der Industriebranche stammen, wenn es um das grundsätzliche Verständnis für den Schritt zurück ins Beschäftigungsverhältnis geht. Das gilt vordergründig dann, wenn in der Branche bereits als Angestellter als auch als Selbstständiger der Lebensunterhalt verdient wurde. In Hinblick auf den Schutz innovativer Techniken und Methoden besteht dann die Angst im Entwicklungsbereich.
Selbstständigkeit nach der Kinderpause …
…wer vor der Kinderpause in einem Angestelltenverhältnis tätig war und sich im Anschluss daran für die Selbstständigkeit entschied – bspw. zur Vermeidung der Erwerbslosigkeit oder als Weg zurück in den Beruf – der sollte dies in der Bewerbung unbedingt angeben. In der Regel stellt eine solche temporäre Tätigkeit bei der Bewerbung kein Hindernis dar.
Vielmehr wird dies positiv gesehen, denn es ist zu erkennen, dass der/die Bewerberin sich nicht passiv in das eine oder andere Schicksal begeben hat. Sondern, dass es darum ging, proaktiv zu werden und wichtige Erfahrungen zu sammeln. Wichtig ist, wie lange diese Phase angehalten hat. In diesem Zusammenhang gilt, dass mit einer längeren Selbstständigkeit der Weg zurück ins Angestelltenverhältnis immer schwieriger wird.
Wer als (echter) Freelancer oder „Einzelkämpfer“ selbstständig war, der kann anführen, dass der feste Entschluss besteht, künftig (wieder) im Team arbeiten zu wollen. Dabei kann als Grund angeführt werden, da man ggf. eher die größere Organisation mit den vielfältigen Aufgaben und Bereichen schätzt.
Die Bewerbung schreiben
Das alles kann unmöglich im Lebenslauf schlecht dargestellt werden. Daher sollte das Anschreiben als eine Art Teaser genutzt werden. In diesem wird dann auf das eigene Kurzprofil verwiesen, das als drittes Dokument der Bewerbung hinzugefügt wird. Im Bewerbungscoaching wird darauf eingegangen, wie dieses erstellt wird. Entscheidend ist, dass den schriftlichen Ausführungen ein positiver Touch verliehen wird.
In spezifischen Fällen gilt es zu guter Letzt, der Bewerbung wesentliche Weiterbildungen mit Nachweisen beizulegen. Wer sich zum Beispiel im Verlauf seiner Selbstständigkeit als Webdesigner permanent fortgebildet hat, der zeigt damit, dass der Grundsatz des lebenslangen Lernens verstanden wurde und er oder sie zugleich die Motivation hat, die eigenen Kompetenzen fortlaufend zu verbessern oder zu erweitern. Gleiches gilt für Fremdsprachen, denn diese werden mit fortlaufender Globalisierung immer wichtiger.
Letztlich ist eine schlüssige und gut aufgebaute Bewerbung genau das, was den Personalentscheidern sprichwörtlich von der ersten Minute an den Wind aus den Segeln nimmt. Damit wird die eigene Chance, sich beim Arbeitgeber persönlich vorzustellen, signifikant erhöht.