Vertragsgebundener Automobilhandel: Druck aufs Werkstattgeschäft nimmt zu


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– Servicemarktpotenzial sinkt in den nächsten zehn Jahren um 15 Prozent
– Größere Werkstätten haben Vorteile durch bessere Ausnutzung von Anlagen
– After-Sales-Geschäft muss dringend zur Chefsache gemacht werden

Der Druck auf das Werkstatt- und Teilegeschäft im vertragsgebundenen Automobilhandel wird in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA) im Auftrag der DEKRA Automobil GmbH. So dürfte das Servicemarktpotenzial von heute rund 150 Mio. Arbeitsstunden bis 2025 auf 127,5 Mio. Stunden und damit um 15 Prozent sinken. Verantwortlich dafür sind vor allem die verlängerten Wartungsintervalle, die sinkende Zahl von Reparaturen sowie die weiter rückläufigen Fahrleistungen pro Fahrzeug und Jahr.

Wichtigstes Wachstumssegment im After-Sales-Geschäft sind ältere Fahrzeuge. So erhöhte sich der Anteil von Fahrzeugen älter als 8 Jahre am Pkw-Gesamtbestand von 2008 bis 2015 von 52 auf über 55 Prozent. Er könnte bis zum Jahr 2025 auf rund 60 Prozent steigen. Allerdings werden ältere Fahrzeuge heute noch überwiegend von freien Werkstätten und Werkstattketten betreut.

Wollen die herstellergebundenen Vertragswerkstätten hier ihren Marktanteil steigern, müssen sie für diese besonders preissensible Zielgruppe verstärkt zeitwertgerechte Reparaturen anbieten, so die Studie. Dazu bedürfe es aber auch der Unterstützung durch die Automobilhersteller in Form von preiswerten Ersatzteilen: „Das Segment älterer Fahrzeuge ist für die Vertragswerkstätten eine große Herausforderung, aber auch eine große Chance“, urteilt der Direktor des Instituts für Automobilwirtschaft (IFA), Professor Dr. Willi Diez.

Einen Einfluss auf die künftige Werkstattauslastung könnte nach den Analysen des IFA-Instituts auch die zunehmende Bedeutung der Elektromobilität haben. Das gilt allerdings nur dann, wenn der Anteil der batterieelektrischen Fahrzeuge sehr stark ansteigt, da der Reparaturumfang reiner Elektroautos um etwa 13 Prozent unter dem für konventionell angetriebene Fahrzeuge liege. Unter der Annahme, dass der Anteil batterieelektrischer Fahrzeuge am gesamten Pkw-Bestand bis zum Jahr 2025 auf 15 Prozent steigt, würde dies einen Rückgang des gesamten Wartungs- und Reparaturvolumens um knapp 4 Prozent bedeuten.

Steigender Konsolidierungsdruck im After Sales

Nach Auffassung der IFA-Experten wird der Konsolidierungsdruck im After-Sales in Zukunft steigen. Verantwortlich dafür sei vor allem die wachsende Kapitalintensität in den Werkstätten: „Die Werkstatt der Zukunft wird immer mehr zum Operationssaal. Teure Diagnosegeräte und Spezialwerkzeug zwingen die Werkstätten zu hohen Investitionen“, so Diez. Dementsprechend steige der Fixkostenblock deutlich an. Als „mindestoptimale Betriebsgröße“ werden in der Studie acht produktive Mitarbeiter in der Werkstatt genannt. Größere Werkstätten hätten durch die bessere Ausnutzung der teuren Anlagen Kostenvorteile von bis zu 18 Prozent gegenüber kleinen vertragsgebundenen Werkstattbetrieben.

Die Experten erwarten, dass die Zahl der betreuten Fahrzeuge je Werkstatt in Zukunft weiter steigen wird. Betreute eine Werkstatt im Jahr 2008 noch 1.262 Fahrzeuge, stieg diese Zahl bis zum Jahr 2015 auf 1.440 Fahrzeuge, das ist ein Plus von 14 Prozent. Bis zum Jahr 2025 könnte die Zahl der betreuten Fahrzeuge je Werkstatt um weitere 20 Prozent auf über 1.700 steigen. Da der Fahrzeugbestand insgesamt in diesem Zeitraum nur um 10,5 Prozent zunehmen dürfte, ergäbe sich – rein rechnerisch – ein Konsolidierungsbedarf von 9 Prozent. Bezogen auf die Gesamtzahl der Werkstätten in Deutschland würde das rund 3.000 Betrieben entsprechen.

Professionalisierung notwendig

Die künftigen Herausforderungen im After-Sales erfordern nach Auffassung von Professor Diez eine zunehmende Professionalisierung in diesem wichtigen Geschäftsfeld des vertragsgebundenen Automobilhandels: „Das After-Sales- Geschäft ist definitiv Chefsache und muss in der Geschäftsführung von großen Automobilhandelsgruppen entsprechend verankert werden“, fordert Diez.

Als prioritäre Handlungsfelder mit erheblichem Potenzial für ein nachhaltig profitables After-Sales sieht die Studie:

– Ausschöpfung aller Cross-Selling-Potenziale: Angesichts der sinkenden Zahl von bedarfsgesteuerten Kundenkontakten müsse es das Ziel der Betriebe sein, das Auftragsvolumen je Kundenkontakt zu erhöhen.
– Vernetzung von Verkauf und Service: Durch bindungswirksame Finanzdienstleistungsprodukte wie zum Beispiel Garantien und Garantieverlängerungen sowie Service-Inklusiv-Flatrates könne die Loyalität im Service erhöht werden.
– Erschließung der Servicemarktpotenziale bei älteren Fahrzeugen: Ältere Fahrzeuge sind praktisch das einzige Wachstumssegment im After-Sales und dieses müsse durch zeitwertgerechte Reparaturen und angepasste Teilepreise besser ausgeschöpft werden.
– Internetbasiertes Servicemarketing: Durch die stärkere Nutzung internetbasierter Kommunikationskanäle und mobiler Devices könnten die Kunden noch individueller angesprochen werden.
– Digitalisierung der Servicekernprozesse: Die Digitalisierung des gesamten Serviceprozesses von der Auftragsannahme bis zur Fahrzeugübergabe und Betreuung des Kunden eröffne vielfältige Möglichkeiten die Kundenzufriedenheit zu erhöhen und gleichzeitig die Kosten zu reduzieren.

Damit die Vertragswerkstätten diese Strategien erfolgreich umsetzen können, sei allerdings auch die Unterstützung der Hersteller notwendig. Neben dem Servicemarketing durch die Hersteller spielten hier eine einfache und kundenfreundliche Garantie- und Kulanzabwicklung sowie die systemseitige Unterstützung zur Umsetzung digitaler Angebote eine Rolle.

Vernetzung bietet Chance zu besserer Kundenbindung

Völlig neue Perspektiven im After-Sales eröffnet nach den Erkenntnissen der IFA-Experten die zunehmende Vernetzung der Fahrzeuge. Auf Basis des tatsächlichen Nutzungsverhaltens könnten in Zukunft vorausschauend Wartungs- und Reparaturereignisse diagnostiziert und die Kunden entsprechend informiert werden. Dies gebe den Vertragswerkstätten die Chance, dem Kunden frühzeitig entsprechende Angebote zu machen und damit die Kundenbindung zu erhöhen. Allerdings bleibe abzuwarten, ob der Gesetzgeber hier eingreife, so dass die Schnittstelle „Fahrzeug-Kunde“ auch von freien Anbietern genutzt werden kann.

„DEKRA ist langjähriger und zuverlässiger Partner des Automobilhandels und des Kfz-Gewerbes“, so Dr. Gerd Neumann, Vorsitzender der Geschäftsführung der DEKRA Automobil GmbH. „Die Herausforderungen, vor denen die Branche insgesamt steht, sind beachtlich. Doch bei allen Sorgenfalten: Hoffnung macht die Erkenntnis, dass im After-Sales-Bereich noch längst nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, die Ertragslage zu verbessern. In diesem Sinne ist meine Hoffnung, dass unsere Kunden von den detaillierten Ergebnissen der Studie ganz handfest profizieren können.“


Seit 90 Jahren arbeitet DEKRA für die Sicherheit: Aus dem 1925 in Berlin gegründeten Deutschen Kraftfahrzeug-Überwachungs-Verein e.V. ist eine der weltweit führenden Expertenorganisationen geworden. Die DEKRA SE ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des DEKRA e.V. und steuert das operative Geschäft des Konzerns. Im Jahr 2014 hat DEKRA einen Umsatz von rund 2,5 Milliarden Euro erzielt. Rund 35.000 Mitarbeiter sind in mehr als 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten im Einsatz. Mit qualifizierten und unabhängigen Expertendienstleistungen arbeiten sie für die Sicherheit im Verkehr, bei der Arbeit und zu Hause. Das Portfolio reicht von Fahrzeugprüfungen und Gutachten über Schadenregulierung, Industrie- und Bauprüfung, Sicherheitsberatung sowie die Prüfung und Zertifizierung von Produkten und Systemen bis zu Schulungsangeboten und Zeitarbeit. Die Vision bis zum 100. Geburtstag im Jahr 2025 lautet: DEKRA wird der globale Partner für eine sichere Welt.

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